Der französische Arbeitsmarkt gilt als weniger angespannt als der deutsche. Die Arbeitslosenquote in Frankreich ist hoch; sie liegt bei ca. 10,5 % (August 2015) gegenüber 6 % in Deutschland. Weniger bekannt ist, dass vor allem Geringqualifizierte von der Arbeitslosigkeit betroffen sind. Ab einem bestimmten Ausbildungs-und Erfahrungsniveau wird es schwieriger, Personal zu finden. Laut INSEE beträgt die Arbeitslosenquote bei Personen mit zwei Jahren Studium nach dem Abitur nur 6 %!
Außerdem ist es weiterhin selten, dass Franzosen Deutsch sprechen und mit der deutschen Kultur vertraut sind, obwohl binationale Studienangebote und Doppeldiplome in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt haben.
Ein weiteres Hindernis: Florierende mittelständische Unternehmen mit weltweiter Ausstrahlung sind in Frankreich seltener als in Deutschland und genießen nicht das gleiche Ansehen. Das bedeutet, dass die richtigen Bewerber kulturell bedingt weniger an einer Position in einem mittelständischen Unternehmen interessiert sind, noch dazu, wenn es um einen Arbeitsplatz weitab von einer Großstadt geht. Aufgrund der Tradition des Zentralismus spielt das Prestige der Hauptstadt oder einer Metropole von internationalem Rang eine wichtige Rolle bei der Attraktivität einer Stelle.
Deutschland ist für junge Franzosen immer noch nicht so reizvoll wie London oder die USA. Klischees sind hartnäckig: Viele Franzosen meinen, die Sprache von Goethe sei schwierig und das Leben in Deutschland langweilig. Dieses Bild, das von Franzosen, die schon länger in Deutschland leben, nicht geteilt wird, wandelt sich langsam.
Berlin trug viel dazu bei, dem Land neuen Glanz zu verleihen. In Paris gilt die Stadt als Hochburg urbaner Kultur, für die junge Generation ist ein Berlin-Besuch ein Muss. In den letzten Jahren kamen tausende, auch gut qualifizierte Franzosen nach Berlin, um dort zu leben. Auch die Wirtschaftskrise in Frankreich hat den guten Ruf des „Made in Germany“ gestärkt, das dafür steht, dass das Land „funktioniert“ und gute Karrierechancen bietet.
Aus diesen Gründen ist es ratsam, den Einstellungsprozess gut vorzubereiten. Mit Jobbörsen wie Connexion-Emploi kann man viel Zeit sparen, sowohl bei der Erstellung des Profils wie auch bei der Ausformulierung eines Inserats und der Auswahl des Bewerbers. Für die Rekrutierung einer Vertriebskraft muss man mit Kosten von ca. 10.000 Euro rechnen.
Wenn Sie keine Personalagentur beauftragen wollen, sollten Sie die folgenden Punkte beachten, um den für Sie besten Kandidaten zu finden. Da zweisprachige Bewerber selten sind, ist die Ausbildung im Bereich Sprachkenntnisse eher zweitrangig. Beachten Sie jedoch, dass es in Frankreich, anders als in Deutschland, wo Vertriebskräfte im Unternehmen ausgebildet werden, zahlreiche Vertriebsausbildungen gibt. Diese vermitteln in mehr oder weniger langen Kursangeboten Verkaufstechniken. Zu nennen sind:
Dabei handelt sich um das BTS (Brevet de technicien supérieur) und das DUT (Diplôme universitaire de technologie) mit zahlreichen kaufmännischen Fachrichtungen. In diesen Abschlüssen stehen Verkaufstechniken und Fachkenntnisse eines bestimmten Sektors (Medizin, Industrie, Kosmetik etc.) auf dem Programm. Die Studenten haben häufig eine Reihe von Praktika absolviert oder sogar parallel zum Studium in einem Betrieb gearbeitet und kommen in der Regel schneller auf den Arbeitsmarkt. (Abschlussniveau: Abitur + 2 Jahre)
Die Ausbildung in den etwa 150 französischen Handelsschulen ist theoretischer und legt den Fokus stärker auf Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Marketing, Finanzen und Verkaufstechniken, häufig mit der Möglichkeit eines Auslandsjahrs. Meist handelt es sich um Privatschulen, sodass der Absolvent eine Menge Geld in seine Ausbildung investiert hat. Die Schulen genießen unterschiedliches Ansehen und werden von der Presse in Rankings bewertet. (Abschlussniveau: Abitur + 3 - 5 Jahre)
Der Zugang zu diesen sehr selektiven Hochschulen setzt ein zweijähriges Vorbereitungsstudium mit Aufnahmeprüfung voraus und ist sehr schwierig. Diese Einrichtungen sind im Allgemeinen auf Ingenieurwesen und Wirtschaft spezialisiert. Fast alle Leiter der großen französischen Unternehmen gehen aus diesen Hochschulen hervor, die auf ausgezeichnete Lehre ebenso wie auf die Pflege ihrer Alumni-Netzwerke setzen. Wie schon erwähnt, sind diese Netzwerke in Frankreich von entscheidender Bedeutung. (Abschlussniveau: Abitur + 5 - 7 Jahre, sehr selektives Auswahlverfahren)
In Frankreich besitzt das Diplom einen höheren Stellenwert als in Deutschland. Es bildet – oftmals sehr lange – die Voraussetzung für die Art der Aufgaben, die hierarchische Stellung und natürlich das Gehalt. Die Absolventen der Grandes écoles gehen davon aus, dass sie eine Strategie- und Leitungsfunktion ausüben werden, und besetzen die Positionen der obersten Führungsebenen. Die Absolventen der Handelsschulen sind in den Positionen des mittleren Managements anzutreffen. Nach einem der Kurzstudiengänge erwartet den Absolventen eine technische Funktion oder eine Position im Mikromanagement. Eine Karriere vom Lehrling zum CEO ist in Frankreich ausgesprochen selten.
Näheres zu den entsprechenden Gehaltsstufen finden Sie im Abschnitt Die Vergütung der Vertriebskraft.
Ingenieure sind auf dem französischen Arbeitsmarkt genau wie in Deutschland sehr gefragt. Ingenieure, die Deutsch sprechen, sind noch seltener. Um bei der Kandidatensuche mehr Erfolg zu haben, ist es besser, einen Bewerber mit Verkaufskompetenz anzuvisieren, den Sie an Ihrem Produkt schulen können.
Wenn Sie sich damit begnügen, Ihr Inserat ins Französische zu übersetzen und im Wirtschaftsteil einer großen Tageszeitung zu veröffentlichen, sind Sie auf dem besten Wege, Zeit und Geld zu verschwenden. Wie bereits im vorigen Kapitel erläutert, bestehen zwischen Frankreich und Deutschland große kulturelle Unterschiede. Einen französischen Kandidaten anzusprechen, setzt voraus, dass man sein Wertesysteme einbezieht. Während Sie einen deutschen Kandidaten mit guten Argumenten überzeugen mögen, müssen Sie einen Franzosen „verführen“ und ihm den Raum zugestehen, seiner Kreativität Ausdruck zu geben.
Jochen Peter Breuer und Pierre de Bartha beschreiben in ihrem Buch Deutschfranzösische Geschäftsbeziehungen erfolgreich managen (Verlag Springer Gabler) die Grundwerte der Franzosen im Vergleich zu den Deutschen: Während die Deutschen ein gutes Gehalt, Sicherheit und eine klar umrissene Aufgabe suchen, sind die Franzosen empfänglicher für die Macht und das Ansehen eines Unternehmens, für die Originalität einer Strategie und die Herausforderungen einer neuen Aufgabe. Aus diesem Grund sprechen die französischen Unternehmen (und Regierungen!) gerne über großartige Projekte, noch bevor sie ein Konzept für deren Durchführung vorliegen haben: Diese Projekte dienen als Anreiz, um die Mitarbeiter zu motivieren oder neue Talente zu rekrutieren.
Bei Ihrem Inserat sollten Sie den Fokus auf drei Punkte legen:
Das Ansehen und die Strategie des Unternehmens.
„Made in Germany“ hat in Frankreich einen guten Ruf. Auch die Exportorientierung ist wohlbekannt. Die Performance des Unternehmens, seine internationale Ausstrahlung, seine führende Stellung in diesem oder jenem Sektor sind Punkte, die betont werden sollten. Ebenso sind langfristige Strategieelemente herauszustellen, mit denen sich der künftige Mitarbeiter identifizieren kann, damit seine Begeisterung geweckt wird.
Die Herausforderung der angebotenen Aufgabe.
Die Aufgabe muss ambitioniert, ja kaum leistbar sein. „Entwickeln Sie mit uns das Auto von morgen“, proklamiert die Anzeige des Autoherstellers Citroën, um einen einfachen Techniker zu rekrutieren (zitiert von Breuer und Bartha). Die Aufgabe muss gar nicht so klar umrissen werden; wichtiger ist es, die Neugier zu wecken. Das Versprechen, an einem ehrgeizigen Projekt mitzuwirken, das gerade vorbereitet wird, ist ein starkes Argument, genau wie die Aussicht auf eine interessante Karriere. Das Gehalt sollte nicht im Inserat, sondern erst später genannt werden.
Die Freiheit, die dem Mitarbeiter für Kreativität eingeräumt wird.
Anders als die Deutschen, die lieber in einem homogenen Team aufgehen, sind die Franzosen Individualisten, die sich gerne anders als die anderen fühlen. Stellen Sie heraus, dass der Mitarbeiter bei der Ausführung seiner Aufgabe über einen bestimmten Grad an Selbstständigkeit verfügen wird, dass Kreativität begrüßt wird oder dass er bei seiner Arbeit eine gewisse Verantwortung tragen wird.
Der Deutsche arbeitet gerne im Team und lässt sich von rationalen, konkreten Argumenten „überzeugen“, wogegen es den Franzosen reizt, wenn das Unternehmen eine ehrgeizige Strategie verfolgt oder er sich hervortun und eine Karriere einschlagen kann, mit der er die Bewunderung seiner Peers erntet.
Wählen Sie für das Inserat eine Publikation oder Website, die von deutschsprachigen Bewerbern oder Expatriates in deutschsprachigen Ländern gelesen wird. Das können die Lokalpresse im Elsass und in Lothringen, eine Fachzeitschrift oder verschiedene Websites sein. Die großen Blätter der nationalen französischen Presse wie Le Monde, Le Figaro und Les Echos verfügen über eine breite Leserschaft im Ausland. Die Website Connexion-Emploi, eine deutsch-französische Jobbörse, hat einen Verteiler von 50.000 Mitgliedern.
Ein großer Unterschied zwischen deutschen und französischen Bewerbungsunterlagen ist das Fehlen von Zeugnissen früherer Arbeitgeber bei den Franzosen.
Das ist in Frankreich nicht üblich. Wenn keine Arbeitszeugnisse vorgelegt werden, wenden die Personalverantwortlichen standardisierte Prüfungen an.
Die kulturellen Unterschiede zwischen Franzosen und Deutschen (menschenorientiert vs. sachorientiert) treten natürlich auch im Vorstellungsgespräch zu Tage. Sie sind es gewohnt, den Bewerber nach seiner Laufbahn, den erzielten kommerziellen Ergebnissen und seiner Kenntnis des Markts und des Unternehmens zu fragen. Der französische Kandidat versucht jedoch zunächst zu beurteilen, ob die menschliche Beziehung funktioniert. Wie bei einem Termin mit einem Kunden kommt es darauf an, sich im Gespräch zu öffnen.
Susanne Goniak, Senior-Personalmanagerin bei Eurojob-Consulting:
„Ich empfehle den Unternehmen oft, dem Kandidaten so zu begegnen, als wären sie eher auf der Suche nach einem Freund. Zu schauen, ob es jemand ist, dem sie vertrauen können. Der Franzose will, dass der Personalmanager den Menschen hinter dem Produktleiter sieht.“
Sie wissen es bereits: Frankreich ist groß, abgesehen von Paris sind seine Großstädte kleiner als in Deutschland, und die kulturellen Unterschiede zwischen Norden und Süden sind erheblich. Wie deckt man das Gebiet am besten ab? Für die meisten Unternehmen ist das eine Herausforderung. Um die Kosten einzudämmen, sollten Sie die folgenden Punkte im Auge behalten:
Wenn Sie Kandidaten anderswo als in Paris einsetzen, verursacht dies längere Fahrzeiten, vor allem dann, wenn Sie regelmäßig vor Ort reisen wollen. Wenn Sie Ihren Vertriebsmann von Köln aus in der Bretagne besuchen, müssen Sie dafür fast zwei Reisetage einplanen. Es gibt wenig Flugverbindungen zwischen den Städten (außer Paris).
Die Strecke Paris-Bordeaux ist einfacher zu bewältigen als die Strecke Lyon-Bordeaux, obwohl die Entfernung – in Luftlinie gemessen – kürzer ist. Mit der Hochgeschwindigkeitsstrecke Rhein-Rhône soll zwar eine nicht über Paris führende Verbindung zwischen Lyon und Straßburg geschaffen werden, aber sie ist noch im Bau.
De facto kann es sein, dass Sie sich in diesen Regionen niederlassen müssen, auch wenn Sie sich in ganz Frankreich entwickeln wollen.
Die Osthälfte Frankreichs ist dichter besiedelt und somit besser angebunden als der Westen. Sie profitiert auch von der Infrastruktur der Schweiz, etwa den Flughäfen von Genf und Basel.
Thomas Desray, ein Experte für Vergütung bei Connexion-Emploi, gibt drei übliche Gehaltsstufen für Frankreich an. Er nennt das Bruttogehalt sowie die Ihrem Unternehmen entstehenden Kosten. In Frankreich sind die Gehälter generell niedriger als in Deutschland. Unterschiede ergeben sich z. B. durch den Arbeitsort – zwischen Paris und den anderen französischen Städten.
Das Einstiegsgehalt eines jüngeren Handelsvertreters mit Niveau Abitur + 3 oder + 4 Jahre Studium. Die Ihrem Unternehmen entstehenden Kosten (einschließlich Abgaben): 38.000 Euro.
Das Gehalt eines Vertreters mit Niveau Abitur + 5 Jahre Studium und zwei Jahren Berufserfahrung. Er kennt das Land und den Markt, er trägt Verantwortung. Er ist der Ansprechpartner seines Unternehmens für Frankreich in Bezug auf ein Produktsortiment. Die Ihrem Unternehmen entstehenden Kosten (einschließlich Abgaben): 50.000 Euro.
Das Gehalt eines sehr eigenständigen Vertreters mit technischem Hintergrund und zehn Jahren Berufserfahrung. Er beherrscht die technische Seite ebenso wie die kaufmännische. Die Ihrem Unternehmen entstehenden Kosten (einschließlich Abgaben): 99.000 Euro.
Davon gibt es in Frankreich weitaus mehr als in Deutschland. Zu den gebräuchlichsten zählen: Restaurantgutscheine, über die das Mittagessen des Mitarbeiters finanziert wird; Erfolgsbeteiligung; betrieblicher Vermögensbildungsplan und Zusatzkrankenversicherung, die dem Arbeitnehmer einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung und höhere Erstattungen bietet.
Näheres zu den Rechtsvorschriften in Bezug auf den Arbeitsvertrag, Einstellung und Entlassung können Sie den Merkblättern im Anhang entnehmen. Dort finden Sie auch eine Übersicht über die Lohnkosten für den Arbeitgeber.
Das ist die große Angst vieler deutscher Unternehmensleiter. Seit dem Jahr 2000 beträgt die gesetzlich festgelegte Arbeitszeit tatsächlich 35 Stunden pro Woche. Allerdings wurde dieses Gesetz mehrfach geändert, sodass die effektive Arbeitszeit in Frankreich heute bei 38 Stunden liegt, während in Deutschland im Schnitt nur 36,5 Stunden gearbeitet wird. Im Übrigen wundern sich viele Franzosen sehr darüber, dass ihre deutschen Kollegen sich freitags schon um 14:00 Uhr ins Wochenende verabschieden! Nähere Angaben zu möglichen Abweichungen vom Gesetz über die 35-Stunden-Woche finden Sie im Merkblatt 2 im Anhang.
Ein weiterer Aspekt: Sobald französische Arbeitnehmer Verantwortung tragen, fallen sie unter das „régime des cadres“, d. h. sie zählen zum Kreis der Führungskräfte; daraus folgt, dass ihre Arbeitszeit auf Jahresbasis festgelegt wird, nicht wie bei den anderen Angestellten auf Wochenbasis. Mit diesem Status steigen natürlich die Kosten für den Arbeitgeber; sein Gewinn im Hinblick auf die Arbeitszeit ist dagegen attraktiv. Der Arbeitnehmer muss nämlich so lange arbeiten, bis er seine Aufgabe erfüllt hat. Viele Führungskräfte, insbesondere in Paris, verlassen das Büro erst spät abends.
Thomas Desray, Experte bei Eurojob-Consulting:
„Wenn französische Führungskräfte nach Deutschland kommen, wissen sie die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben zu schätzen. Die Deutschen können in der Regel gut aufhören und rechtzeitig Feierabend machen. In Frankreich kann es sein, dass die Arbeitstage lang werden und es schwierig ist, Schluss zu machen, solange der Chef noch da ist. Man kommt am späten Vormittag und geht am späten Abend, was dazu führt, dass Freizeitaktivitäten kaum möglich sind. Für den Arbeitnehmer in Frankreich ist das ein Nachteil, für den Arbeitgeber dagegen ein großer Vorteil! Aus Sicht eines Arbeitgebers ist Frankreich für qualifizierte Arbeitskräfte kein arbeitnehmerfeindliches Land“.
Cécile Boutelet ist freiberufliche Journalistin. Sie ist eine Spezialistin für die deutsche Wirtschaft und Unternehmen, insbesondere als Korrespondentin der Zeitung Le Monde seit 2010. Als sie gebeten wurde, diesen Guide zu schreiben, fand sie es sehr interessant: Sie selbst widmete ihre ersten Jahre auf der anderen Seite des Rheins dem Aufbau und der Entwicklung eines kleinen Unternehmens.
Illustrationen : Katharina Bußhoff. www.katharinabusshoff.de
Eine Einstellung nach französischem Recht ist meist restriktiver als nach deutschem. In Frankreich ist es nicht so einfach, einen Arbeitnehmer zu entlassen:
Die Probezeit ist kürzer, eine Entlassung nach Ablauf dieser Frist muss einen begründeten Anlass haben. Diese mangelnde Flexibilität erklärt weitgehend die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich: Die Unternehmen sind bei der Einstellung zurückhaltend. Lassen Sie daher beim Einstellungsprozess Vorsicht walten.
Um das Problem der anhaltenden Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, sieht der Staat eine Vielzahl von Beihilfen für die Schaffung von Arbeitsplätzen vor. Wenn Sie die Kriterien erfüllen, können Sie eine dieser Beihilfen beantragen. Dazu benötigen Sie jedoch eine Tochtergesellschaft in Frankreich. Aber Vorsicht: Bei diesen Beihilfen fallen hohe Verwaltungskosten an, die für ein kleines Unternehmen kaum zu schultern sind. Eine Übersicht über diese Beihilfen finden Sie im Teil 3 §1.
Deutsche Unternehmen, die sich in Frankreich ansiedeln, scheitern oft an dieser Klippe: Sie unterschätzen die kulturellen Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland, was für die Motivation der Teams verheerende Folgen haben kann. Sie sollten sich daher unbedingt mit den folgenden Basiselementen des interkulturellen Managements vertraut machen.
„Franzosen und ihre Nachbarn im deutschsprachigen Raum haben etwas gemeinsam: Sie beschreiben den jeweils bei den anderen vorherrschenden Führungsstil als autoritär, hierarchisch organisiert bis hin zu machthörig. (…) Der eigene Führungsstil wird in der Regel nicht als autoritär wahrgenommen“,
meint Isabelle Demangeat, interkulturelle Trainerin.
Im individualistischen und personenorientierten Frankreich nimmt der Chef eine besondere Stellung ein. In der politischen Kultur des Landes wird ein Unternehmensleiter tendenziell als eine außergewöhnliche Persönlichkeit betrachtet, als jemand, der brillant ist und in jeder Situation die richtige Entscheidung treffen kann. Diese Aura ist die Grundlage seiner Autorität, die Mitarbeiter engagieren sich gerne für einen Chef mit Charisma und bewundern sein Talent. Die Kehrseite der Medaille: Bei Problemen wird erwartet, dass der Chef die Verantwortung trägt und das Risiko übernimmt.
Daraus könnte man vorschnell schließen, dass die Franzosen einem Chef-Kult anhängen und auf autoritäre Weise Macht ausüben. So einfach ist das aber nicht, denn die Franzosen pflegen auch die Kunst des Widerspruchs. Sie sind sich allesamt bewusst, dass ihre Vorfahren einen König (Ludwig XVI.) enthauptet und eine Revolution angezettelt haben. Sie lieben die Debatte, die Rhetorik und den Wettstreit der Ideen, der als intellektuelles Gefecht gewürdigt wird. Deshalb wird jede Frage sehr lange diskutiert, bis schließlich der Chef die Entscheidung trifft – scheinbar allein, tatsächlich jedoch am Ende eines Prozesses, in dem jeder seine Meinung abgeben konnte. Wenn ein Mitarbeiter einen Widerspruch äußert oder eine Idee kritisiert, ist das auch ein Mittel, sich die Idee anzueignen: Jeder Einzelne konnte sich äußern.
Die Folge: Die Vorstellung einer Verpflichtung gegenüber dem Team ist weit weniger ausgeprägt als in Deutschland.
Die Franzosen haben stärker als die Deutschen die Tendenz, sich mit ihrem Beruf und ihrer Aufgabe zu identifizieren. Wenn sie sich mit der Persönlichkeit ihres Chefs, mit dem Projekt identifizieren, ist ihr persönliches Engagement viel größer, sodass ihr Privatleben oft an die zweite Stelle rückt. Dieses große persönliche Engagement ist zweischneidig: Motivierte Mitarbeiter sind ausgesprochen effizient, unmotivierte tun gar nichts.
Charisma + Verantwortung + Respekt vor anderen Meinungen sind die Schlüsselelemente der Mitarbeitermotivation.
Behandeln Sie Ihre Mitarbeiter genau so wie Ihre Kunden: Versuchen Sie, etwas aus ihrem Privatleben zu erfahren, und seien Sie bereit, sich ebenfalls zu öffnen. Normalerweise macht der Chef morgens eine Runde durch das Büro und begrüßt jeden seiner Mitarbeiter persönlich; dabei fragt er nach persönlichen Dingen, aber auch nach dem Stand eines bestimmten Projekts. So kann er auf angenehme und den Mitarbeiter wertschätzende Weise wichtige Informationen über die Verfassung des Unternehmens in Erfahrung bringen.
Isabelle Demangeat, interkulturelle Trainerin, erläutert:
„Managing by Greeting könnte das Stichwort lauten! Ein französischer Abteilungsleiter vertraute mir einmal an: ‚Bei diesen morgendlichen Runden messe ich den Puls des Teams. Ich sehe, wie die Mitarbeiter drauf sind, wie weit sie mit ihren Aufgaben sind. Ich kann persönliche Fragen stellen, z. B. wenn ich weiß, dass in der Familie jemand krank war, oder höre, ob das richtige Fußballteam gewonnen hat, etc. Jeder kann Fragen platzieren, die wir dann im Laufe des Tages besprechen. Oder aber ich kann nachhaken, wenn mir etwas nicht klar oder schnell genug ist.’“
(In: Geschäftskultur Frankreich, Isabelle Demangeat, Conbook Verlag, 2014)
In Frankreich werden die vom Chef gefällten Entscheidungen nicht selten diskutiert oder infrage gestellt, zum Teil sogar sehr ausgiebig. Dies erklärt auch, dass oft während oder nach einer Verhandlung ein Streik verkündet wird. Reformprozesse gestalten sich in Frankreich entsprechend schwierig. Bei den Deutschen kann dadurch der Eindruck von Ineffizienz entstehen. Tatsächlich ist die Akzeptanz dieser Rebellion aber eine unabdingbare Voraussetzung für die Akzeptanz von Autorität.
Da sich die Franzosen in ihrer Arbeit persönlich engagieren, haben sie das Bedürfnis, sich mit einem ehrgeizigen Projekt, einer Strategie zu identifizieren. Dieses ehrgeizige Ziel muss kommuniziert und regelmäßig in Erinnerung gerufen werden, um die Motivation aufrechtzuerhalten.
Im vorigen Kapitel haben wir bereits dargelegt, dass die Franzosen die mündliche Kommunikation der schriftlichen vorziehen. Informelle Gespräche am Kaffeeautomaten oder auf dem Flur sind für den Informationsaustausch von großer Bedeutung. Sie erlauben es, den Kontext zu erfassen, der in der von den Franzosen bevorzugten indirekten Kommunikation eine so große Rolle spielt (siehe Kapitel 2). Es kommt auch vor, dass äußerst wichtige Informationen auf diese Weise kommuniziert werden: die Verschiebung eines Termins, die Absage einer Sitzung. Es ist notwendig, dass man sich Informationen selbst beschafft (Holschuld): Nutzen Sie die Gelegenheiten für informelle Begegnungen, stellen Sie ruhig Fragen.
Natürlich schicken sich auch die Franzosen viele E-Mails. Diese Nachrichten enthalten oft eine lange CC-Liste, in der auch die Vorgesetzten aufgeführt sind. Die Deutschen finden dies eher ärgerlich. Dabei geht es jedoch nicht um Überwachung, sondern um die Information über Geschäftsabläufe.
Der Nachteil dieser Methode ist eine Flut von E-Mails, die man zum Teil aufwändig sortieren muss. Wenn eine Frage dringend ist, greifen die Franzosen daher zum Telefon, um Informationen auf direktem Wege abzufragen, oder sprechen das Problem im Flur oder im Büro der betreffenden Person an, sofern sie in der Nähe ist.
Aus der Bedeutung des Kontextes folgt: Fristen und Termine sind kontextabhängig zu betrachten. Welches Ziel soll erreicht werden? Wenn das Team zu dem Schluss gelangt, dass das Ziel oder der Kontext wichtiger als die Einhaltung des Termins für den Abschluss eines Projekts oder die Vorlage eines Dokuments ist, kann es einseitig beschließen, den Termin nicht einzuhalten. Die Franzosen betrachten eine Frist als Zeitspanne, die Deutschen dagegen linear als einen „Zeitpunkt“. Wenn ein knapper Termin unbedingt einzuhalten ist, sollten Sie mit der Unterscheidung zwischen „deadline“ und „sharp deadline“ darauf hinweisen.
Experten für interkulturelle Kommunikation stufen die Franzosen als polychrone Menschen ein: Diese ziehen es vor, ihre Zeit nicht einzuteilen; nach Kriterien, die nicht von der Organisation vorgegeben sind, springen sie gerne zwischen Tätigkeiten hin und her. Polychrone Menschen mögen es nicht, wenn ihnen Handlungsanleitungen vorgegeben werden, sie bevorzugen Multi-Tasking.
Die Deutschen sind eher monochrone Menschen: Sie teilen die Zeit in feste Einheiten ein, die organisiert und strukturiert werden können. Sie planen gerne, machen Listen und sind sehr pünktlich. In der Regel erledigen sie eine Sache nach der anderen und arbeiten an einer Aufgabe, bis sie erledigt ist. Im Multitasking-Modus zu arbeiten, empfinden sie meist als unangenehm.
Im Unternehmen hat dies zur Folge, dass die Franzosen lieber unter Druck arbeiten, als sehr lange im Voraus abzuschätzen, was passieren wird. Es kommt häufig vor, dass Franzosen am Tag vor dem geplanten Abschluss eines Projekts eine Nachtschicht im Büro einlegen, um fertig zu werden. Sie lassen sich nicht gerne im Voraus auf eine genaue Tagesordnung oder Agenda festlegen, sondern warten lieber bis zum Tag der Sitzung, um die wirklichen Prioritäten kontextabhängig festzulegen. Dabei handelt es sich nicht um schlechte Vorbereitung, wie die Deutschen manchmal annehmen, sondern um das Bemühen, in jeder Situation flexibel zu bleiben.
Die Deutschen werfen den Franzosen häufig mangelnde Disziplin in Bezug auf die Arbeit vor. Dies kann zu Missverständnissen führen. Der Grund hierfür ist oft, dass sich die Franzosen weniger für Verfahren interessieren als die Deutschen. Sie haben ein Bedürfnis nach Autonomie und Freiheit und finden es lästig, jeden Kundenbesuch und jedes Telefonat zu dokumentieren. Ein Franzose zieht es vor, mündlich Bericht zu erstatten, damit er sich ausführlicher zu seiner Arbeit äußern kann. Er will als Mensch gesehen und am Ergebnis gemessen werden.
Der Exportmanager eines deutschen KMU:
„Bei uns ist es manchmal schwierig, von unserem Mitarbeiter im Elsass regelmäßige Berichte zu bekommen. Wir müssen ihn regelmäßig daran erinnern. Anfangs hat mich das genervt, aber mit der Zeit habe ich verstanden, dass das kein Mangel an Professionalität ist, seine Ergebnisse waren gut. Im Gegenteil, die Erfahrung hat gezeigt, dass er entspannter ist als viele seiner deutschen Kollegen und besser mit unvorhergesehenen Situationen umgehen kann.“
Da die Franzosen menschenorientiert sind, haben sie in ihren sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz ein Bedürfnis nach Harmonie. Im Land der Rebellion und der Streiks mag dies paradox erscheinen. Das liegt daran, dass es auf der einen Seite ritualisierte Konfrontationen gibt, auf der anderen die täglichen Beziehungen, in denen die Höflichkeit die Regel bleiben muss.
Ein Deutscher äußert Kritik sehr direkt und ohne große Umschweife, da er meint, er kritisiere die Sache und nicht die Person, die dahinter steht. Ein Franzose dagegen bemüht sich nach Kräften, ein Problem vorsichtig anzusprechen und auf die Gefühle der Person Rücksicht zu nehmen. Sie sollten es unbedingt vermeiden, Kritik unverblümt vor anderen zu äußern, vor allem, wenn der Kritisierte eine leitende Position innehat. Sie laufen Gefahr, das Vertrauensverhältnis zu zerstören. Vergessen sollten Sie auch E-Mails, in denen die Probleme schonungslos aufgelistet
werden. Wählen Sie lieber den direkten Kontakt und stellen Sie Fragen. Schließlich könnten Sie selbst für einen Teil der Fehler verantwortlich sein …
Dies kann zur Folge haben, dass ein „Ja“, das öffentlich oder im Meeting ausgesprochen wird, zu einem „Nein“ werden kann, wenn alle wieder in ihrem Büro sind. Ein ehrliches Ja geht mit einer eindeutigen Gestik einher: Mit dem Kopf oder der Mimik wird Zustimmung ausgedrückt. Deshalb sollten formell-informelle Begegnungen auch so oft wie möglich stattfinden.