Talente-Krieg in Frankreich: Die Wahrnehmung der Personaler
Die Corona-Krise hat zu einer noch nie zuvor gesehenen Knappheit an Arbeitskräften und Talenten geführt. Viele französische Unternehmen werden durch den Personalmangel in ihren Vorhaben ausgebremst. Dementsprechend müssen sich Personalverantwortliche anpassen, unter anderem durch das Neuerfinden des Einstellungsprozesses. Hier ist, was unser deutsches-französisches Recruiting-Team bei der Durchführung von Vorstellungsgesprächen in Frankreich festgestellt hat.
2. Eine schnelle Bindung herstellen
3. Das Bewerbungsgespräch an sich hat sich geändert
4. Zukünftige Leistungen des Bewerbers vorauszusagen
Verschiedene Unternehmen wetteifern um Einfallsreichtum und rollen den roten Teppich für die Kandidaten aus, weshalb sich ein regelrechter Kampf im Einstellungsprozess sowie im Ablauf der Bewerbungsgespräche beobachten lässt.
Jérôme Lecot, Geschäftsführer von Eurojob Consulting, kommt hierbei direkt auf den Punkt, er stellt nämlich fest, dass sich die Unternehmen förmlich um die Bewerber reißen:
"Wir nehmen einen regelrechten Talente-Krieg in Frankreich wahr. Personaler und Arbeitgeber überfliegen häufig nur noch die Bewerbungen. In einigen Fällen kann es bereits wenige Minuten nach dem Erhalt einer interessanten Bewerbung zu einem telefonischen Bewerbungsgespräch kommen."
Jérôme Lecot
Gründer und CEO
Eurojob-Consulting
Susanne Goniak, deutsch-französische Personalerin bei Eurojob-Consulting, bestätigt, dass Arbeitgeber schnell reagieren müssen. Außerdem bemerkt sie, dass sich die Art, mit Kandidaten in Kontakt zu treten, ebenfalls geändert hat. Susanne Goniak dazu:
"Erste Vorgespräche werden viel häufiger von uns via Video-Call durchgeführt, obwohl wir zuvor bei 100 % Telefonaten lagen, bevor es zu einem ersten physischen Treffen kam."
Susanne Goniak
Senior Recruiterin
Eurojob-Consulting
Zu Beginn des Treffens interessieren sich Unternehmen vor allem für den Kandidaten noch bevor sie diesen mit Fragen zu seinen Qualifikationen bombardieren. Recruiter versuchen immer mehr die Motivationen, Interessen sowie Projekte des Bewerbers zu verstehen, um das Angebot der Firma bestmöglich an den Kandidaten anpassen zu können und herauszufinden, welche Firma mit den genannten Interessengebieten übereinstimmen würde.
Susanne Goniak bestätigt ebenfalls, dass heutige Vorstellungsgespräche einem wahrhaftigen "Gespräch" ähneln. Die Zeiten, bei denen im Bewerbungsgespräch versucht wird, den Kandidaten zu verunsichern, gehören also langsam der Vergangenheit an.
Was Personalberater heute vor allem wollen, ist, dass der Kandidat sich so wohl, wie nur möglich fühlt. Es soll ein Wow-Effekt kreiert und dabei trotzdem mehr über die Person in Erfahrung gebracht werden. Man muss es also schaffen, den Bewerber genau zu evaluieren und gleichzeitig eine Haltung zu bewahren, welche Lust macht, beim Unternehmen zu arbeiten.
Frau Goniak warnt Personaler davor, sich nicht zu überbieten, durch das Verkaufen einer Stelle, die so gar nicht existiert. Es ist wichtig, die Balance zwischen dem Verführen des Kandidaten und dem Aufmalen eines authentischen Porträts des Postens sowie der Organisation zu wahren.
Es gilt in jedem Fall zu vermeiden, dem Bewerber einen falschen Eindruck der Stelle zu vermitteln, und dass dieser im schlimmsten Fall aufgrund falscher Versprechungen bereits nach einigen Wochen kündigt.
Adélaïde Sapelier, Headhunterin bei Eurojob Consulting, findet, dass Personalverantwortliche vielleicht sogar etwas zu viel leisten, um Talente anzuziehen:
"Ich habe nicht das Gefühl, dass es seit dem Beginn der Pandemie viele Veränderungen gab, außer, dass mehr oder sogar zu viel Zeit damit verbracht wird, Kandidaten zu anzuregen. Das Ziel sollte allerdings das gleiche bleiben: versuchen, die zukünftigen Leistungen des Bewerbers vorauszusagen sowie dessen Kompatibilität mit dem angebotenen Posten."
Adélaïde Sapelier
Recruiterin
Eurojob-Consulting
Sie erinnert, dass vorherige Leistungen des Kandidaten die besten Vorhersagen für zukünftige Verhaltensmuster sind und dies sogar in Zeiten von Fachkräfteknappheit. Sie bedauert es allerdings, dass fundamentale Prinzipien des Einstellungsmilieus nicht im schulischen- oder universitären Rahmen vermittelt werden.
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Jérôme Lecot